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Expertenworkshop Untergrabschutz - Empfehlungen

02.03.2022

Eine wichtige Maßnahme im Herdenschutz ist der sogenannte Untergrabschutz. Aufgrund ihrer Physiognomie und Kraft sind Wölfe in der Lage, in kürzester Zeit Tunnel in den Erdboden zu graben, durch die sie hindurchschlüpfen können (Faß 2018). Wölfe können lernen, Hindernisse auch durch Klettern oder Springen zu überwinden. Experten sind sich jedoch einig, dass Wölfe bei Erstkontakt mit einem Weidezaun in der Regel zuerst versuchen werden, das Hindernis von unten zu überwinden. Sie suchen am Boden nach Durchschlupfmöglichkeiten und graben am Hindernis nach unten (Agridea 2019, Faß 2018). Umso wichtiger ist es, dass Wölfe bei diesem Erstkontakt negative Erfahrungen (am effektivsten durch einen Stromschlag) sammeln und dadurch lernen, dass Weidezäune eine Gefahr darstellen, bevor sie andere Techniken des Überwindens ausprobieren und lernen. Dabei stellt der Zaun kaum ein wirkliches „mechanisches“ Hindernis für einen Wolf dar. Viel bedeutender ist die Funktion des Zauns als „psychologisches“ Hindernis. Ein Wolf, der einmal negative Erfahrungen mit einem Weidezaun gesammelt hat, wird diesen nach Expertenmeinung sehr wahrscheinlich vorerst meiden und im Besten Fall dieses Verhalten auch an seinen Nachwuchs weitergeben. Die breiteste Stelle am Körper eines Wolfs ist mit 30cm der Brustkorb (Faß 2018). Deshalb ist es nach derzeitigem Wissenstand notwendig, entweder eine stromführenden Draht auf 20 cm zu spannen oder das Untergraben durch mechanische Barrieren zu verhindern.

Im Rahmen eines Expertenworkshops im Projekt „Herdenschutz in der Weidetierhaltung“ im November 2021 diskutierten rund 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus neun Bundesländern Erfahrungen zu Techniken und Maßnahmen des Untergrabschutzes. Die Ergebnisse des Workshops werden aktuell schriftlich zusammengefasst und durch den DVL als Handreichung zur Verfügung gestellt werden. Hier einige Beispiele:

  • Als wichtigste Maßnahme wird eine stromführende Litze im maximalen Bodenabstand von 20cm angesehen. Dieser Abstand darf an allen Stellen maximal 20 cm vom Boden betragen, das heißt, auch Fahrrinnen, Bodenunebenheiten und Vertiefungen, sowie Weidetore müssen entsprechend gezäunt werden!
  • Wo ein Schutz durch elektrische Spannung nicht möglich ist, sind auch mechanische Barrieren denkbar. Wichtig ist dabei, dass die Maßnahmen je nach Gelände möglichst in eine Tiefe von mindestens 40cm in den Boden reichen. Der Maschinenring Mittlerer Bayerischen Wald setzte beispielsweise Armierbögen mit einer Schenkellänge von 60cm und einem Durchmesser von 12mm bei einem Wildtiergatter ein, die mittels eines Kleinbaggers in den Boden gedrückt wurden.

Andere Maßnahmen sind beispielsweise das Eingraben eines Knotengeflechts oder Auslegen einer  Zaunschürze (z.B. mind. 1 m breites Knotengeflecht). Das A und O bei allen Maßnahmen ist die gute Verankerung im Boden durch Erdnägel sowie der Anschluss an den Zaun.

Wichtig: Die für die Beantragung von Fördermitteln festgelegten Kriterien und geförderten Maßnahmen unterscheiden sich in den einzelnen Bundesländern. Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter sollten sich unbedingt mit den amtlichen Beratenden in Verbindung setzen, bevor sie Maßnahmen planen und umsetzen. Eine Übersicht der Kontakte finden sich hier: www.herdenschutz.dvl.org/wissenswertes/herdenschutzberatung

Das Projekt „Herdenschutz in der Weidetierhaltung“ bietet Schulungen rund um das Thema Herdenschutz an. Die Veranstaltungen finden derzeit alle online statt und sind kostenfrei: https://www.herdenschutz.dvl.org/veranstaltungen. Die meisten Vorträge werden zudem aufgezeichnet, sodass sich Interessenten, die an einer Teilnahme verhindert waren, die Vorträge auch im Nachhinein noch ansehen und anhören können: https://www.herdenschutz.dvl.org/schulungsmaterialien.


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